Das Apostelkonzil in Kapitel 15 ist in dieser Form sicher einmalig. Es ging um eine Kernfrage von größter Bedeutung. Müssen Heiden Juden werden, bevor sie Christen sein können?

Das mag für uns seltsam klingen, aber die ersten Christen waren ja allesamt Juden und wären sicher nicht auf die Idee gekommen, sich jetzt nicht mehr als Juden zu sehen. Immerhin glaubten sie an den jüdischen Messias und erkannten ihn in Jesus. Auch Jesus wäre sicher nicht auf die Idee gekommen, sich in irgendeiner Weise von den Juden abzugrenzen. Das Problem war ja nicht, dass die Christen jetzt etwas Anderes glaubten als die Juden, sondern, dass manche Juden einfach noch nicht erkannt hatten, dass Jesus der lange erwartete Messias ist.

Vor diesem Hintergrund ist die Frage danach, ob die Bekehrung nicht auch die Annahme des jüdischen Glaubens mit allen Vorschriften bedingt, durchaus nachvollziehbar.

Doch das Konzil erkennt zu recht, dass man den Bekehrten (aus den Heiden) nicht die Erfüllung aller zeremoniellen- und reinheits-Vorschriften auferlegen sollte, da Jesus diese ein für alle Mal erfüllt hatte und Alles als rein erklärt hatte. Letztendlich muss man von daher auch anerkennen, dass auch die Juden nicht mehr daran gebunden waren. Aber diese Frage wurde damals noch nicht gestellt.

Das Konzil findet einen Kompromiss. Die Aufforderung in Vers 20, dass „sie sich enthalten sollen von Befleckung durch Götzen und von Unzucht und vom Erstickten und vom Blut“, ist kein „Gesetz“, das heute noch gilt, sondern ein Weg, um das Miteinander in der Gemeinde zwischen Gläubigen aus jüdischem und heidnischem Hintergrund zu ermöglichen. „Unzucht“ ist deshalb wohl auch eher im Hinblick auf spezifische Reinheitsvorschriften gemeint, als im typischen Sinn der sexualethischen Morallehre (die ja als Teil des Moralgesetzes bis heute gültig ist).

Vor diesem eindeutig einmaligen heilgeschichtlichen Hintergrund sollten wir nun auch bedenken, ob das Apostelkonzil ein Vorbild dafür sein kann, wie theologische Fragen entschieden werden müssen. Dabei sollten wir auch bedenken, dass die Gemeinde in Antiochia freiwillig den Weg wählt. Es ist also eine Frage, bei der die lokale Gemeinde von sich aus Rat sucht – und zwar bei den Aposteln!
Daraus eine Kirchenordnung abzuleiten, bei der es zwingend solche Hierarchien gibt, halte ich für eine sehr gewagte These. Der Rest der Bibel – und in gewisser Weise eben auch dieser Bericht – scheint mir da eher eine kongregationalistische Struktur zu empfehlen.
Andererseits ist es gut, als Gemeinde auch mal Rat bei anderen Christen zu suchen.

Am Ende des Kapitels lesen wir dann noch vom Beginn der 2. Missionsreise.
Diese beginnt damit, dass Paulus und Barnabas einen Streit darüber haben, wer denn ein geeigneter Mitreisender wäre.

Das Ergebnis ist Trennung, wobei dies letztendlich dazu führt, dass gleich zwei Missionsteams ausgesandt werden. Und später sehen wir die Leute auch wieder versöhnt und im herzlichen Miteinander (siehe die Paulus-Brief Grüße).

Das sollten auch wir immer im Blick haben. Selbst da, wo es mal dazu kommen mag, dass Christen aus bestimmten Gründen getrennte Wege gehen, sollte man doch immer noch „eins“ im Geist sein. Bestrebungen Einheit ohne Inhalte zu haben, ist dabei sicher nicht biblisch, denn hier fehlt das Ringen darum, den Willen Gottes klar zu erkennen und konsequent danach zu leben.