Nachdem Paulus am Ende von Kapitel 2 deutlich gemacht hat, dass die äußerliche Beschneidung, letztendlich nicht gerecht macht und dass man nur dann wirklich Teil von Gottes Volk ist, wenn man die Beschneidung des Herzens erfahren hat, stellt sich unweigerlich die Frage, die Paulus nun selber in Vers 1 und nochmals in Vers 9 aufwirft: „Was haben dann die Juden für einen Vorzug oder was nützt die Beschneidung?“.
Er gibt zwei Antworten auf diese Frage (die zweite ab Vers 9), die auf den ersten Blick widersprüchlich klingen.
In den Versen 1-8 erklärt Paulus, dass es sehr wohl von Vorteil ist, wenn jemand im (jüdischen) Glauben aufwächst. Denn „ihnen ist anvertraut, was Gott geredet hat.“
Nur hilft das Wissen allein eben nicht. Das Gesetz ist gut aber retten wird es nur die, die es halten und daran scheitern die Juden, genauso wie alle anderen, wie er dann ab Vers 9 deutlich macht.
- Auch heute noch ist es ein Segen ist, im Glauben aufzuwachsen und erzogen zu werden und wir sollten uns darum bemühen, anderen Menschen in diesem Sinne ein Segen zu sein. Denn wir können ja nicht nur unsere Kinder segnen, sondern auch unsre Nachbarn, Kollegen und Freunde. Dazu ist es aber nötig, dass wir ihnen biblische Wahrheiten vermitteln. Und wir tun gut daran zu bedenken, was Paulus hier lehrt. Die Vermittlung des Gesetzes (biblischer Moral) allein, wird niemanden rettet.
- Das heißt sicher nicht, dass wir nicht trotzdem für biblische Moral eintreten sollten. Ich denke, dass wir das auf jeden Fall tun sollten, denn die biblische Moral ist gut.
Gleichzeitig wird das letztendlich (im Hinblick auf die Ewigkeit) niemanden retten. Deshalb gilt es immer auch das Evangelium zu verkünden!
Ab Vers 9 betont er das, was man nach Kapitel 2 erwarten würde: „9 Was sagen wir denn nun? Haben wir Juden einen Vorzug? Gar keinen. Denn wir haben soeben bewiesen, dass alle, Juden wie Griechen, unter der Sünde sind, 10 wie geschrieben steht: »Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer.“
Im Fortgang zeigt Paulus dann durch AT Zitate, dass alle Menschen Sünder sind.
Und nur für den Fall, dass noch irgendwer Zweifel hat, ob das Halten des Gesetzes bzw „gute Werke“ nicht vielleicht doch ein gangbarer Weg zur Rettung sein könnten (ggf basierend auf einer sehr optimistischen Auslegung von Kap. 2, Vers 7), zeigt uns Vers 19f nun, die Ausweglosigkeit für alle, die sich selbst retten wollen: „19 Wir wissen aber: was das Gesetz sagt, das sagt es denen, die unter dem Gesetz sind, damit allen der Mund gestopft werde und alle Welt vor Gott schuldig sei, 20 weil kein Mensch durch die Werke des Gesetzes vor ihm gerecht sein kann. Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.“
Die Zitate, die Paulus hier sehr eindeutig als universal zutreffend beschreibt, sind für so Manchen erst einmal schwer zu verstehen. Kann man wirklich sagen, dass „keiner“ nach Gott fragt? (v.11). Die Bibel lehrt das tatsächlich. Jemand wird erst dann ernsthaft danach fragen, was Gott will, wenn ihn der Geist Gottes anrührt. Das hat damit zu tun, dass wir aufgrund des Sündenfalls die Fähigkeit verloren haben, die Herrlichkeit Gottes zu erkennen. Und so haben wir dann gar nicht das Verlangen das zu tun, was Gott ehrt und gefällt. Wir sind egoistisch und wollen das tun, was gut für uns ist. Dabei kann auch ein natürlicher Mensch Gott mit einbeziehen. Aber Gott bleibt so immer nur ein Mittel zum Zweck und wird so nie das Ziel unseres Lebens und Strebens sein.
Damit das geschehen kann, bedarf es einer komplett neuen Erkenntnis; einer grundlegenden Veränderung; ja eines neuen Lebens!
Und genau davon zeugen dann die Verse 21ff.
Nachdem Paulus uns die „schlechte Nachricht“ deutlich vor Augen geführt hat, kommt nun die gute Nachricht, die erst vor dem Hintergrund der schlechten Nachricht so richtig gut ist!
Eine Geringschätzung des Evangeliums hat oftmals damit zu tun, dass wir die schlechte Nachricht und die damit verbundene traurige Wahrheit über uns selbst nicht wirklich verstehen.
Wenn uns unsere Sündhaftigkeit klar vor Augen steht und wir dann auf den heiligen und gerechten Gott sehen, dann ist die Botschaft von der Gnade Gottes erst so richtig grandios!
Die gute Nachricht beginnt mit einer interessanten Aussage: „Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten.“ … das ist ein Echo im Römerbrief, das sich auch schon ganz zu Beginn (Kap 1, v.2) und dann wieder ganz am Ende findet (Kap 16, v.25-26).
Die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt – ohne Zutun des Gesetzes – wurde bereits im AT (durch das Gesetz und die Propheten) bezeugt. D.h., das Gesetz ist nicht der Weg zur Rettung, sondern Teil des AT Zeugnisses von der kommenden Rettung, die eben ohne das Halten des Gesetzes erlangt werden kann. Doch erkannt wurde das noch nicht. D.h. erst im Rückblick ist das Zeugnis des AT wirklich verständlich!
Und dann führt Paulus aus, was schon das AT lehrt, nämlich das Gott selbst in Jesus Christus für uns alle Gerechtigkeit getan hat und dann als Unschuldiger unsere Schuld gesühnt hat. Und wir bekommen Anteil an der Gerechtigkeit Jesu allein aufgrund der Gnade Gottes und allein durch den Glauben an den Retter und Herrn Jesus Christus!
Nur damit auch keiner auf den Gedanken kommt, dass Gerechtigkeit doch noch irgendwie selbst verdient werden muss – zumindest anteilig – betont Paulus in Vers 23f nochmals, dass wir „allesamt Sünder [sind] und ermangeln des Ruhmes, den sie [wir] bei Gott haben sollten,“ und dann erklärt Paulus, dass Rettung eben wirklich allein aus Gnade zu uns kommt, wobei an anderen Stellen deutlich wird, dass selbst der Glaube eine Gnadengabe Gottes ist: „und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist“
Es sind eben nicht wir Sünder, die einfach anfangen nach Gott zu suchen und an ihn zu glauben (das würden wir aufgrund unserer Sündennatur ja gar nicht – Röm 3,11), sondern es ist der Vater, der uns zieht (Joh 6,44) und es ist Gott, der der Anfänger unseres Glaubens ist (Phil 1,6; Heb 12,2).
Doch der Glaube ist der Weg, durch den sich die erfahrene Gnade in uns manifestiert und somit ist der Glaube der einzige Weg, durch den Sünder die Gerechtigkeit Gottes erlangen.
Dabei machen die Verse 25f deutlich, dass das Werk des Herrn Jesus zeitlos ist. Was er in der Geschichte getan hat, gilt für die, die schon vor seinem Werk vorausschauend an den kommenden Messias geglaubt haben, genauso wie für Menschen heute, die auf das Kreuz im Glauben zurückschauen.
Weil all das eben allein das gnädige Werk Gottes ist, gibt es nichts worüber wir uns im Bezug auf unsere Erlösung rühmen könnten (v.27). Unser Rühmen sollte immer nur dem Kreuz gelten und sich allein auf Gott beziehen und niemals unserer Gesetzestreue oder sonst irgendwelcher „guter Werke“. Nicht einmal unseres Glaubens sollten wir uns rühmen. Stattdessen sollten wir in allen Dingen dankbar sein!
Paulus schließt diesen Teil damit ab, dass er nochmals betont, dass das Werk des Herrn Jesus der ganzen Welt gilt (Menschen aus allen Völkern, Ländern, Sprachen und Nationen) und eben nicht nur den Juden. Das bedeuten nun aber nicht, dass das jüdische Gesetz wertlos ist und aufgehoben wird. Vielmehr ist es erst dann richtig aufgerichtet, wenn es zu Gläubigen kommt, denn diese erkennen darin nicht mehr primär ihr Scheitern … sondern es ist Gottes gute Wegweisung für alle, die an IHN glauben. Und so ist das Gesetz heute keine Last, sondern ein großer Segen und wir tun gut daran, das (moralische) Gesetz zu befolgen.