Der Großteil von Kapitel 7 zeigt uns, dass es trotz des über allem stehenden Fazits (alles unter der Sonne ist letztendlich bedeutungslos) hier auf Erden Dinge gibt, die besser sind als andere. Es ist Weisheit, das zu erkennen und entsprechend zu leben.
Die Verse 20-22 haben mich besonders angesprochen, denn sie lehren eine grundlegende biblische Wahrheit und ziehen daraus eine Konsequenz, die sehr hilfreich ist:
„Denn es ist kein Mensch so gerecht auf Erden, dass er nur Gutes tue und nicht sündige. Nimm auch nicht zu Herzen alles, was man sagt, dass du nicht hören musst, wie dein Knecht dir flucht; denn dein Herz weiß, dass du andern auch oftmals geflucht hast.“
Am Ende klingt dann das Grundproblem durch, nämlich die Sündhaftigkeit des Menschen und das trotzdem Gott den Menschen ursprünglich aufrichtig gemacht hat:
„Schau, allein das hab ich gefunden: Gott hat den Menschen aufrichtig gemacht; aber sie suchen viele Künste.“
Auch Kapitel 8 klingt wieder ziemlich deprimierend. Das findet seinen Höhepunkt in der Aussage aus Vers 15: „Darum pries ich die Freude, dass der Mensch nichts Besseres hat unter der Sonne, als zu essen und zu trinken und fröhlich zu sein. Das bleibt ihm bei seinem Mühen sein Leben lang, das Gott ihm gibt unter der Sonne.“
- Das erinnert an die Aussage aus 1. Kor 15,32: „Wenn die Toten nicht auferstehen, dann »laßt uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot!«“
Doch in diesem Kapitel lesen wir auch von einer Erkenntnis, die über den Horizont des „unter der Sonne“ hinauszugehen scheint. In den Versen 12-13 verkündet der Prediger seine Zuversicht, dass es sich lohnt, Gott zu fürchten:
„12 Wenn ein Sünder auch hundertmal Böses tut und lange lebt, so weiß ich doch, daß es wohlgehen wird denen, die Gott fürchten, die sein Angesicht scheuen. 13 Aber dem Gottlosen wird es nicht wohlgehen, und wie ein Schatten werden nicht lange leben, die sich vor Gott nicht fürchten.“
Doch gleich danach scheint dieser kurze Blick über den Horizont auch schon wieder vorbei und wir sind wieder gefangen in der Nichtigkeit des Lebens unter der Sonne bzw in den Grenzen menschlicher Erkenntnis.
- Mich erinnert das an Gespräche mit Agnostikern, die zwar behaupten es wäre so gut, mehr über Gott zu wissen, aber vollkommen verschlossen sind gegenüber den Dingen, die Gott über sich selbst offenbart hat.
- Möge der Herr uns da die richtigen Worte schenken und denen, die unter der Nichtigkeit des Lebens unter der Sonne leiden, die Augen für die himmlische Botschaft öffnen.
Ich denke, dass ganz ähnlich wie das Buch Hiob, uns auch dieses Buch bewusst etwas „nerven“ will.
Kapitel 9 beginnt damit, dass der Prediger Gott als den Souverän erkennt … und doch bleibt dann seine Bewertung auf das beschränkt, was unter der Sonne ist. Und da macht halt Vieles wenig Sinn. Die Verse 7-10 klingen dann fast so wie das, was laut 1. Kor 15 die logische Konsequenz wäre, wenn es keine Auferstehung der Toten gäbe. Und so bleiben die Gedanken des Predigers vorerst weiter ziemlich trostlos.
Kapitel 10 würde gut in das Buch der Sprüche passen. Hier wird Weisheit nun doch sehr positiv beschrieben.
- Selbst unter der Sonne gibt es eben Dinge, die besser sind, als andere.
- Gleichzeitig muss uns bewusst sein, dass die wahre und vollkommene Weisheit nur in Jesus Christus zu finden ist. Durch ihn ändert sich alles.
- Möge der HERR uns immer wieder wahre Weisheit schenken und den Blick, über die Grenzen eines Lebens „unter der Sonne“ hinaus.
Kapitel 11 bringt nochmals die menschliche Begrenztheit ins Blickfeld. Wir wissen nicht, was Gott tut … doch das sollte uns nicht passiv werden lassen. Das ist kein guter Weg. Deswegen hören wir hier den Aufruf zum Handeln und den Hinweis darauf, dass Gott uns sieht und richten wird.
- Diese Worte mögen so manchem eine Hilfe sein, der Entscheidungsfaul ist und lieber nichts tut, als ggf einen Fehler zu machen.
- Kevin DeYoung hat dazu mal ein sehr gutes Buch geschrieben „Just do something“ – seit kurze gibt es das auch auf Dt „Leg einfach los“ … das kann ich sehr empfehlen.
- Besonders hilfreich finde ich Prediger 11, Vers 9: „Tu, was dein Herz gelüstet und deinen Augen gefällt; aber wisse, dass dich Gott um das alles vor Gericht ziehen wird.“
Das letzte Kapitel (Kapitel 12) zeigt uns nochmal in aller Krassheit die menschliche Begrenztheit, indem es uns die Leiden des Alters und unsere Sterblichkeit vor Augen führt.
Doch dann kommt ab Vers 9 das Nachwort. Hier löst sich die Spannung, die sich über 11,5 Kapitel aufgebaut hat. Das Buch Prediger gibt uns nicht die Antworten, um den Blick über die Grenze des „unter der Sonne“ hinaus zu schärfen. Und doch gibt es uns Fokus … im Leben hier auf Erden sollten wir Gott nie aus dem Auge verlieren.
- Wir sollten IHN fürchten und dürfen auf Ihn vertrauen – und so können wir dann getrost durch das Leben gehen:
„9 Es bleibt noch übrig zu sagen: Der Prediger war ein Weiser und lehrte auch das Volk gute Lehre, und er erwog und forschte und dichtete viele Sprüche. 10 Er suchte, daß er fände angenehme Worte und schriebe recht die Worte der Wahrheit. 11 Die Worte der Weisen sind wie Stacheln, und wie eingeschlagene Nägel sind die einzelnen Sprüche; sie sind von einem Hirten gegeben. 12 Und über dem allen, mein Sohn, laß dich warnen; denn des vielen Büchermachens ist kein Ende, und viel Studieren macht den Leib müde. 13 Laßt uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gilt für alle Menschen. 14 Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse.“
- Ich wünsche uns allen, dass wir das immer wieder klar im Blick haben und uns nicht gefangen nehmen durch die Dinge dieser Welt, die letztendlich eben doch nur nichtig und ein Haschen nach dem Wind sind!
Matthias Lohmann vor 4 Jahren